Auszug aus einem Fachbeitrag von Liam LaTouche, ND (Natural Doctor), Kanada
Die enge Verbindung zwischen Körper und Geist erlebt man immer dann, wenn man sich erschreckt oder Angst bekommt. Erinnern Sie sich zum Beispiel an eine Achterbahnfahrt, wenn Sie den Punkt erreicht hatten, an dem Sie in die Tiefe herabstürzten? In dem Moment, wenn die Achterbahn nach unten sauste, bekamen Sie sicherlich Angst zusammen mit Muskelanspannung, feuchten Handflächen, trockenem Mund und unangenehmem Bauchgefühl.
Es gibt einige, sehr spezifische Beispiele zur Verbindung von Körper und Geist auf rein körperlicher Ebene. Man hat beispielsweise bereits herausgefunden, dass die Darm-Mikrobiome – die zahlreichen, im Magen-Darm-Trakt vorhandenen Bakterien – die Stimmung und das seelische Wohlbefinden beeinflussen können. Wenn wir jedoch die Körper-Geist-Verbindung in weiterem Sinne betrachten, beispielsweise den Einfluss unserer Wahrnehmung, Lebensgewohnheiten und der Lebenseinstellung auf unsere körperliche Gesundheit, ist das Ganze schon nicht mehr so eindeutig.
Damit eröffnet sich nun die Frage: Wie ist der Körper mit dem Geist verbunden?
Erfahrungsgemäß gibt es selten eine einzige Antwort auf die vielfältigen Mysterien der menschlichen Psychologie. Dieser Artikel wird sich mit der Rolle des Nervensystems als Vermittler für Gesundheit durch die Körper–Geist-Verbindung beschäftigen.
Der 10. Gehirnnerv namens Vagus windet sich vom Gehirnstamm herab zum Nacken und durch den Brustraum bis hin zur Bauchregion. Er bildet ein eng verwobenes Netzwerk zwischen dem Gehirn und dem Verdauungstrakt, den Lungen, dem Herz, der Leber sowie der Nieren. Dieser Nerv kontrolliert einerseits – jedoch zu einem geringen Anteil - die Bewegungsabläufe. Andererseits werden durch die Nervenfasern sensorielle Nachrichten von den Organen an das Gehirn geschickt, damit es stets über den Zustand und die Funktion dieser lebenswichtigen Organe informiert ist.
Der Vagus spielt eine große Rolle in der Regulierung von parasympathischen Aktivitäten. Die meisten Menschen kennen eher die Aktivitäten des Gegenspielers innerhalb des Nervensystems, des Sympathikus. Der Sympathikus ist die angeborene Reaktion auf einen Stress-Reiz, sprich durch ihn reagieren wir auf angebrachte Weise auf bedrohliche Situationen. Zum Beispiel wenn uns auf der Straße ein Eichhörnchen vor das Auto springt, wird unser sympathisches Nervensystem seine Aktivität steigern, um eine schnelle und geeignete Lösung zu finden, damit wir und das Eichhörnchen unbeschadet bleiben. Im Gegenzug dazu wird nach der Stress-Situation die Entspannungsphase durch den Parasymphatikus eingeleitet. Die Harmonisierung dieser beiden Systeme stellt einen der Grundpfeiler für eine optimale Gesundheit dar.
Der Vagotonus zeigt die parasympathische Aktivität an und wird indirekt gemessen durch den Herzschlag im Verhältnis zur Atmung. Er variiert bei den Menschen, genau wie deren Aussehen und deren Persönlichkeit individuell gestaltet ist. Beim Einatmen ist der Vagus weniger aktiv und der Herzschlag steigt an, um die Sauerstoffzufuhr mit den Körperbedürfnissen anzugleichen. Beim Ausatmen zeigt der Vagus mehr Aktivität und die Herzrate verringert sich. Bei diesem Prozess wird durch das Ein- und Ausatmen ein hoher Vagotonus erreicht.
Es wurde bewiesen, dass ein verminderter Vagotonus in Verbindung steht mit fehl regulierten Blutzuckerwerten, erhöhten Kortisonwerten und erhöhten Entzündungsprozessen. Man fand ebenfalls heraus, dass Individuen mit einem geringen Vagotonus, die einen Herzinfarkt erlitten hatten, schwerer genesen oder Menschen mit Depressionen und Angstzuständen eine erhöhte sympathische Aktivität aufwiesen.
Der Vagotonus reguliert sich von Natur aus selbst. Mit Hilfe von fortschrittlichen, technischen Entwicklungen kann der Vagus-Nerv jedoch zusätzlich stimuliert werden. So zum Beispiel bei chronischer, schwer therapierbarer Depression mit vielversprechenden Erfolgsergebnissen.
Der Fokus der naturheilkundlichen Medizin beruht darauf, den Körper zu unterstützen bei der Erzielung und Aufrechterhaltung eines Gleichgewichtes und seine Selbstheilungskräfte in Gang zu setzen.
Die Mehrheit der Menschen kann von bestimmten, einfach umsetzbaren Methoden profitieren. Es hat sich gezeigt, dass Tiefenatmumg (6 Atemzüge pro Minute) und Yoga den Vagotonus positiv beeinflussen können. Kältereize können ebenfalls dazu führen, dass der Körper die Antwort des Sympathikus runter- und die parasympathische rauf reguliert, vermittelt durch den Vagusnerv. Man kann dies erreichen mit jeder Art von Kältebehandlung, aber eine einfache Methode könnte sein, die Dusche mit einer 30 Sekunden langen kalten Brause zu beenden. Dies wird auch Hydrotherapie genannt und ist vor allem bei unseren Großeltern noch sehr bekannt. Solche alternativen Therapien stimulieren nicht nur den Vagus, sondern fördern auch die körperliche Fitness, die innere, positive Einstellung und das allgemeine Wohlbefinden.